Nach einer längeren Zeit werde ich heute einen zweiten Beitrag zum Thema Ganzheitlichkeit schreiben. In Verbindung mit meiner im letzten Monat abgeschlossenen Arbeit, bin ich zu einigen neuen Gedanken und Erkenntnissen zu diesem Thema gekommen. Hier nun einige Gedanken, die ich so oder anders auch in meiner Arbeit geäußert habe.
Sicherlich hat der eine oder andere schon einmal den Eindruck gehabt, dass sein Leben unübersichtlich und komplexes ist. Besonders in Phasen der Sinnsuche, stellt sich der Mensch die Frage, ob er in all der Unübersichtlichkeit und Vielfalt einen besonderen Auftrag hat. Durch Systematisierung versucht der Mensch Übersicht in die Undurchschaubarkeit zu bringen. Dabei stößt er schnell an Grenzen. Ulrich Eibach hat in seinem Buch "Heilung für den ganzen Menschen? Ganzheitliches Denken als Herausforderung von Theologie und Kirche" auf dieses Phänomen folgendermaßen geantwortet:
„Alle von Menschen entworfenen Systeme der Einheit und Ganzheit der Wirklichkeit stellen lediglich partikulare Denksysteme des endlichen Menschen über die Ganzheit dar. Die Ganzheit der geschaffenen Welt bleibt dem Menschen – wie der Schöpfer selbst – ein Geheimnis, das nur dem Schöpfer erschlossen ist, der sich nur selbst offenbart, und zwar in der Partikularität, vor allem des einen Menschen Jesus von Nazareth“ (Eibach 1991:93f).
Eibach spricht von Jesus, dem ganzen Menschen, wie er im Christushymnus im Philipperbrief (2,7) bezeugt wird. Dort steht, dass Christus dem Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt worden ist. Bereits in der frühen Kirchengeschichte wird Christus als „vollständiger Mensch“ bekannt und verkündet. Er war ganz Mensch und hat als solcher gelebt. Dies war ihm nur möglich, weil er der fleischgewordene Schöpfer ist und sich als Unendlicher in die Begrenztheit begeben hat. Für uns Menschen bleibt dies ein Geheimnis, weil wir als begrenzte Wesen die Unendlichkeit nicht begreifen können. Allein der Schöpfer hat die Möglichkeit seine Schöpfung in der ganzen Komplexität wahrzunehmen und zu durchschauen. Wenn wir als Menschen also von Ganzheitlichkeit sprechen, dann haben wir Christus als den, dem wir nachfolgen, im Blick, der unser Herr und Messias ist und in dessen Vollmacht wir leben, auch wenn wir sie nur bruchstückhaft begreifen. Indem ich mein Leben Gott übergeben habe, gewinnt es eine Identität und Ganzheit, die es aus sich heraus niemals hervorbringen kann. Der Mensch kann wahre Ganzheitlichkeit nur in der Begegnung mit Gott erahnen, bzw. erfahren.
Ganzheitlichkeit wird für uns demnach immer ein Geheimnis bleiben, weil wir nie den kompletten Überblick über die Welt unser Leben und das Sein haben werden. In meinem Fall hat dies ehr ein Gefühl von Unbehagen ausgelöst. Als "Ansatzperfektionist" bleibt immer ein schales Gefühl zurück, dass ich eh niemals den ganzen Blick haben werde - nie komplett Ganzheitlichkeit erfahren werde.
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